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September 2025

Star-Club München (4): Himmel, Arsch und Abendzeitung

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Es gab eine Zeit, da war die Münchner Abendzeitung mehr als nur eine Zeitung. Sie war eine Institution, eine Love-Brand für ganz Deutschland. Auflage: 300.000 Auflage. Frisch, frech und exklusiv. Heute, 40 Jahre nach meinem letzten AZ-Arbeitstag, frage ich mich: „Wie wurde aus dem Platzhirschen ein Sorgenkind?“ Eine Analyse mit Enthüllungen.

Mit 86 immer noch locker: der ehemalige AZ-Reise-Chef Günter Reimann

Das WIR

„Mia san mia – der Claim des FC Bayern kam eigentlich von uns, schon in den 60er Jahren“, sagt Günter Reimann. Als AZ-Redakteur war er so was wie der Erfinder des modernen Action-Journalismus. Reimann produzierte die ersten Ski- und Freizeitseiten Deutschlands. Mit ihm und der AZ ging´s zu den ersten Skitests nach Sölden und zum Stadtlauf durch München.

Mit dabei: AZ-Redakteurin Elke Reichart. Nach der sportlichen Freizeit berichtete sie über Lokal- und Medizinthemen

Neue Ideen, neue Zielgruppen: Die AZ-Strategie kam auch in der Wirtschaft an. Bekannte Marken, wie SportScheck, Bettenrid, der ADAC und der DSV, machten mit bei Reimanns Freizeit-Reise-Action-Zirkus. Er sagt: „Unser Erfolg war das Ergebnis kreativer Ideen und perfektem Teamwork“. Reimanns letzter AZ-Arbeitstag war vor 23 Jahren. Er ist heute 86.

München setzte ihm ein Denkmal: AZ-Kolumnist Sigi Sommer (1914-1996) in der Rosenstraße

Erfolgsfaktor Kollektiv:
Das Team bildeten starke Schreiber wie Sigi Sommer (Blasius der Spaziergänger), Michael Jürgs (später Stern und Star-Autor), Wolf Heckmann („politisches Naturereignis“, Ex-Bild, Ex-BZ, dann Hamburger Morgenpost), Claus Strunz (später Chef der Welt, Bild am Sonntag, Sat1, ntv), Edgar Fuchs (BUNTE und Beckenbauer-Biograf), Manfred Hart (Chefredaktion Bild, BUNTE, bild.de), Jürgen Frohner (Chef der Deutschen Journalistenschule), und, und, und. Nicht zu vergessen, die Illustratorin Franziska Bilek (Herr Hirnbeis). Tradition und Schickeria – alles war in der Abendzeitung.

25 Jahre lang Chefredakteur: Udo Flade mit dem damaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher. Flade verstarb am 18. Juni im Alter von 97. Foto: Guido Krzikowski

Erfolgsfaktor Führung:
Das WIR bestand nicht nur aus prominenten Journalisten und ihren Netzwerken. Entscheidend war Chefredakteur Udo Flade. Er platzierte die Marke AZ nachhaltig, 25 Jahre lang, zusammen mit Verlegerin Anneliese Friedmann.

Erfolgsfaktor Hintermannschaft:
Orga und Herstellung gehörten auch zum Erfolg. Beispiel: Alfred Rietzler, 31 Jahre lang Chef vom Dienst (CVD), Herr der Produktion. Er aktualisierte nachts das Blatt, wenn z.B. Promi-Jäger Graeter die exklusive Romy Schneider-Party brachte (siehe StarClub, Folge 3). Ebenso über 30 Jahre lang an der AZ-Werkbank: Helmut Altinger (Grafik) und Gerhard Merk (News).

31 Jahre Chef vom Dienst, Herr der AZ-Produktion: Alfred Rietzler. Blieb im Fach Management, organisiert heute u.a. den AZ-Stammtisch Foto. Guido Krzikowski

Das ICH

Die Redaktion der Abendzeitung war eine Ansammlung von Individualisten mit Fachgebiet (z.B. Medizin-Expertin Elke Reichart, Foto oben). Lauter Egos – und trotzdem Teamplayer. So verschieden die Ressorts, so einig die Mannschaft: Jeder arbeitete an und für den Erfolg. Ich, Peter Ehm, war auch dabei. Fast acht Jahre lang, Polizeireporter. Ich habe viel gelernt, weiß jetzt wie Champions League geht.

Trainingseinheit Telefonaktion (v.l.): Marie von Waldburg (AZ), Komponist Konstantin Wecker und Peter Ehm (AZ)

Die Zukunft

Die Rezepte von gestern funktionieren auch heute – wenn man sie denn ernst nimmt. Inhalt heißt eben heute Content. Aber kreative Storys gewinnen immer. Damals stellte die AZ ein Bett auf den Marienplatz und berichtete: „So schlafen die Münchner.“ Eine Riesengaudi war eine Winter-Challenge: „So rutschen die Münchner.“

Machte mit bei den AZ-Aktionen: der Münchner Stuntman Paul Felix. Er wurde bekannt durch Filme mit Fassbinder („Berlin Alexanderplatz“) und Kinski („Der Söldner“). Kannte fast alle in der Schwabinger Schickeria, gehörte deshalb zum AZ-Informanten-Netzwerk

Mit den Ideen des damaligen Lokalredakteurs Reimann könnte man heute zusätzliche virale Storys produzieren. Die Regel für die Lust an Gedrucktem ist jedenfalls gleichgeblieben: Nur wer begeistert ist, begeistert auch seine Leser!

Also: Aufsitzen und an die Maschinen…

Star-Club München (3): Die geheime Gästeliste vom Café Extrablatt

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Sie sind alle irgendwie im Schlafwagen-Modus: München und seine Promis. Die täglichen Schickeria-Reports von Graeter & Co. gibt´s nicht mehr. Stadt und VIPs müssen jetzt selber schreiben, auf Instagram und so. Aber das Münchner Bussi-Bussi-Schaulaufen gibt´s noch. Wer kann da aktuell mitspielen? Wer hat überlebt? Die geheime Gästeliste „Cafe Extrablatt“.

Karriere-Start Schwabing: Uschi Obermaier in der Muenchner Disco „Edith“ im April 1979. Fast alle Fotos diese Reports sind von Guido Krzikowski

Uschi Obermaier: Vom Schwabinger Discotanzboden in die große Welt. Frech, sexy und emanzipiert: Münchens erfolgreichstes Evergreen-Testimonial. Schauspielerin, Autorin, Fotomodell (Helmut Newton, Richard Avedon) und bis heute aktuell (Stern, Playboy etc.). Geblieben ist die Liebe zur Musik: Bis vor kurzem angeblich alljährliche Top-Secret-Urlaube mit einem Rockstar. Nix genaues weiß man nicht.

Heidi Klum im BR-Studio: perfektes Marketing für sich und die Stadt

••• Heidi Klum: Sie ist die neue Queen im München-Marketing! Während die lokalen Medien das übliche Wiesn-Vorprogramm abspulen (teuerstes Dirndl, bestes Bier), feierte die Blondine vorm Anstich ihr HeidiFest. Lederhosen-Highlive im Hofbräuhaus und auf allen Kanälen. So kess war München schon lange nicht mehr. Imagepolitur von Tokio bis LA.

Gute Freunde: Kolumnist Michael Graeter mit Weltstar Mario Adorf

•• Michael Graeter: Der Ex-AZ-, Bild– und BUNTE-Kolumnist wurde selbst zum VIP, ist mit 84 immer noch im Promi-Ausguck. Aber der Münchner leidet am Stefan-Raab-Syndrom („wo sind meine vielen Fans?“). Streicheleinheiten von Lebensgefährtin Sandrine (siehe StarClub 2), Aufbau-Telefonate von Langzeit-Spetzi Mario Adorf.

••• Mario Adorf: Mit einem unmoralischen Angebot erschütterte er 1986 die komplette Münchner Schickeria. „„Ich scheiß´ dich zu mit meinem Geld“, sagte er in Kir Royal zum Klatschreporter Baby Schimmerlos (1,3 Mio Abrufe auf Youtube). Freundschaft blieb zum echten „Schimmerlos“ Graeter. Z.B. gemeinsame Bootstouren in St. Tropez.

Made in Munich: Das Promi-Jäger-Team Graeter/Krzikowski und der Bardot-Skandal

• Brigit Bardot: Hat mutmaßlich keine gute Erinnerungen an München. 1966 flog ihre Geheimhochzeit mit Gunter Sachs auf (Whistleblower am Münchner Flughafen). Dann fotografierte sie ein Münchner Fotograf, als sie in St. Tropez einen Touristen watschte. Autschi! Der „Prügelfotograf“ im Juli 1984: Guido Krzikowski.

Guido Krzikowski: Plant große Fotoausstellung über Stadtteil Haidhausen. Foto: Barbara Stempfle

•• Guido Krzikowski: Der Münchner war jahrzehntelang im Einsatz für große Verlage. Oft mit Promi-Reporter Graeter. Wie clever einst das Leute-Reporting ablief, schildert er im Fall Romy und Magda Schneider. Streng abgeschirmt feierten die beiden Stars am 17. Mai 1979 in München Geburtstag. Krzikowski: „Wer hatte im Restaurant einen Tisch? Der Michael Graeter mit mir im Team.“ Magda Schneider sei entzückt gewesen, als ihr der Kolumnist einen Strauß Veilchen überreicht.
Graeter: „Können wir nicht ein kleines Geburtstagsfoto machen?
Magda Schneider: „Ja, aber gerne, Michi.“
Graeter: „Vielleicht mit der Romy zusammen?“
Magda: „Ja, aber gern, komm Romy.
Graeters Teamkollege schoss eine Serie von Bestseller-Fotos – exklusiv am 18. Mai 1979 in der Abendzeitung.

Draußen wartete die versammelte Presse. Drinnen lief die exklusive Leute-Story für die AZ

•• Marie von Waldburg: Die Münchner Journalisten war eigentlich die letzte große VIP-Kolumnistin. Graeters Mehrfach-Nachfolgerin. Erst Abendzeitung, dann BUNTE (bis 2016). Führte sanftere Promi-Schreibe ein; mehr Kuscheln, weniger Killer. Trotzdem taffe Exklusiv-Jägerin (siehe Star-Club, Folge 1). Heute immer noch beliebte & anerkannte Marke.

Olympisches Marketing in Berlin

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Was früher die ISPO in München, ist heute die IFA in Berlin: ein großer, internationaler Treffpunkt der Branchenwelt (5.-9.9.). Digital, KI, Super-Hightech – von der Waschmaschine bis hin zur Drohne. Die Big Player waren alle da und wurden bewundert.

Großformatig auf der IFA: Fußball-Testimonial Bastian Schweinsteiger

Immerhin ist ein Hauch von ISPO in den 23 Berliner Messehallen zu verspüren. Es geht um den Sport und seine Sportler. Sie sind perfekte Türöffner für den europäischen Markt. Denn die asiatischen Digital-Multis brauchen ganz schnell Bekanntheit.

Mit dem Sport in die Zielgruppe: FormelE-Wagen von Porsche

Gleich am Eingang Süd zeigt sich geschätzt 10 Meter hoch Weltmeister Bastian Schweinsteiger. Er wirbt für die chinesischen Reinigungsspezialisten Dreame (Staubsauger, digitale Highspeed-Fensterputzer).

Garantiert mit seine Namen: Fußball-Star Luca Modric

Schweinsteigers Ex-Gegner von Real Madrid, Luca Modric, ist groß promoteter Botschafter von Mova, einem Haushaltsgeräte-Konzern, auch aus China. Aber noch stärker zeigt sich der Ex-Dortmunder Torjäger Erling Haaland. Der aktuelle Stürmer von ManCity ist Titelheld der Messezeitschriften, prangt per Display am Eingangsbrunnen und ist auf XXL-Bannern nicht zu übersehen. Haaland steht für den China-Multi Midea (Haushalt, Klima).

Ein Testimonial, wie wir es kennen: Erling Haaland im Fußballdress, farblich passend zum Sponsor

Selbst für Skispringer Andreas Wellinger war noch Platz im Promi-Board. Seine Marke Chiq (Haushalt, TV) schwärmt in der IFA-Kampagne: Man stehe an der Seite des Olympiasiegers und verkörpere „die gemeinsamen Werte jugendlicher Energie“. Wunderschön formuliert.

Treffendes Symbol für treffendes Marketing: Asiatischer Kämpfer im Werbeeinsatz

Die Formel E, die Champions League und die Olympischen Spiele: Während München noch überlegt, sich für die Spiele zu bewerben (siehe rechts: Olympi-Ja oder was?), spielen in Berlin die Profi-Sportsponsoren wie TCL, LG und Hisense schon mal groß auf.

Sportinstallation mit packenden Bildern: Olympiasponsor TCL

Dereinst hatte zum Beispiel Adidas eine prominente Halle bei der Münchner Sportartikelmesse ISPO belegt. Mit 2stöckigem Headquarter. Vorbei. Der Sportartikler ist nach derzeitigem Stand nicht mehr für München gebucht (30.11. bis 2.12.25).

Imposanter Messeauftritt: der türkische Techno-Konzern Vestel

Wie sich Marktführer aktuell präsentieren, sah man in Berlin: Megascreens, gebogen, bis zu 15 Meter lang, KI-Animation im Sensurround oder einfach mal ´ne ganze Halle belegt (Vestel, LG). Die Berliner IFA war ein Showdown von internationaler Marken- und Marketingmacht.

Immerhin etwas Weißblau in Berlin: BMW-Maschine als Kamera-Testimonial

Der Rest der Welt (Ebay, Metz, Miele, etc.) war immerhin auch da. Aus Bayern? Selbst das oberbayerische Bora, angeblich Marktführer für Küchen- und Dunstabzugsinstallationen, hatte keinen Stand bei der Hightech-Marken-WM. Motto: lieber unauffällig. Wie das Bora-Team aufm Rennrad…

Olympi-JA oder was?

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„Jubelschreie und Ruhezonen“, “ewige Helden und bleibende Bauten“ – wer soll diese Botschaften verstehen? Antwort: das Münchner Volk. Denn das soll sich am 26. Oktober für eine Olympia-Bewerbung entscheiden. headline1 hat sich schon jetzt entschieden – für einen Marketing-Check.

„Grünflächen“ – so der Plakattitel der Agentur „Zum goldenen Hirschen“

Die Ausgangslage:

Unklar für welches Jahr München überhaupt antritt: 2036, 2040 oder 2044. Klar ist nur: Hamburg, Berlin und Rhein-Ruhr wollen auch. Aber ohne Zustimmung der jeweiligen Regionen geht gar nix. Politisch brisant, kommunikativ eine Herausforderung. Am 26.10. geht´s an die Wahlurnen.

Das Minenfeld:

Gleich 3 Delegationen sitzen im Orga-Büro: Bayern, die Stadt München und der Bayerische Landes-Sportverband (BLSV). Wer mit wem? Wird sich zeigen. Immerhin schaffte BLSV-Präsident Jörg Ammon einen plakativen Verweis auf das Olympia-Bewerbungslogo (Foto).

Für Olympia (v.l.): Jan Runau (Adidas, z.Zt. Krankenhaus wg. Radlsturz), Rodel-Champion Felix Loch, DLSV-Chef Jörg Ammon und Para-Siegerin Denise Schindler

Der Auftritt

Im Olympiastadion inszenierte sich die bayerische Polit-Prominenz: MP Markus Söder, Minister Joachim Herrmann und OB Dieter Reiter. Dazu ein paar Sportstars. Für den Lokalkolorit sorgte Dirndl-König Axel Munz mit Models im Schlepptau, sowie 2 berittene Polizisten.

Sicherheit bei der Stadion-PK: 2 Polizeibeamte der Reiterstaffel

Die Botschaften:

Es gab ausnahmslos Pro-Olympia-Statements und für alle ein blaues Stoffbandl fürs Handgelenk. Sonst wenig. Kein Film, kein Modell, keine Vision, keine Bewirtung. Stattdessen ein Flyer, der an einen Märchenpark-Lageplan erinnert und Plakate mit viel Text & Bild. Verantwortlich: die renommierte Agentur „Zum goldenen Hirschen“ (Obi, Aldi, Media Markt).

An Stehtischen im Olympiastadion: die Prominenz bei der Bewerbungsverkündung

Das Fazit:

Ein Event, das brav über die Bühne ging – und von der Presse ebenso brav begleitet wurde. Nun sollen Info-Stände beim FC Bayern und beim TSV 1860 für weitere Zustimmung sorgen. Ob die Münchner:innen damit überzeugt werden? Schaumermal. Eher erinnert man sich an Otl Aichers klare Olympia-Designs von 1972 – ikonisch, zeitlos, verständlich. Vielleicht kommen ja nach der Bürgerbefragung am 26.10. neue Plakatmotive…

Heute Sammlerstücke: Münchner Olympiaplakat von 1972

Star-Club München (2): Herr Graeter, leben Sie noch?

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Schampus & Schickeria – in Folge 2 unserer Retro-Serie über Prominente geht es um „Leute“. Die Kolumne war Herzstück des einstigen Erfolgs der Münchner Abendzeitung. People-Marketing in Perfektion. 300.000 Auflage. Herz-Schmerz-Chefautor: Michael Graeter. Er war der Herrscher der Promis, entschied jahrzehntelang, wer drin ist und wer nicht. Und wir fragen: Lebt er eigentlich noch?  

Liebe gibt´s auch in Graeters Vita: Hier mit seiner langjährigen Lebensgefährtin Sandrine im Münchner Botanikum vor einem Jahr – Exklusiv-Fotos (3): Guido Krzikowski

Treffpunkt Wallner, Gaststätte Großmarkthalle München, Tisch 318: Ja, er lebt noch. Kein Übergewicht, kein Hörgerät, charmant, verschmitzt, modebewusst (wie gewohnt mit der Andy-Warhol-Krawatte). Graeter ist 84, seit 29. Juli. Wie sein Job ab 1970 bei der AZ funktionierte, zeigt die TV-Serie „Kir Royal“. Er war und ist „Baby Schimmerlos“.

Fesch, fit und mit Andy Warhol: Michael Graeter beim Interview

Der Münchner Journalist war unumschränkter König der Promis. Seine Kolumnen durfte niemand redigieren. Er entschied über die Bilder. Und die Klientel, 1000 Promis der 1. Kategorie, 1000 aus der 2. Liga sowie Millionen Leser, wartete gespannt auf den Output. Graeter wurde geliebt, geschätzt und gehasst Erst bei der Abendzeitung, dann bei Bild (Aufl. 5,4 Mio) und Bunte (10 Seiten jede Woche).

In schwarz-weiß, aber schön: Filmstar Sophia Loren schreibt 1979 dem Kolumnisten eine Widmung ins Buch. Tatort: München. Text: nicht übermittelt

Was war sein Erfolgsrezept? Er sagt: „Ich habe hart gearbeitet, ein Netzwerk aufgebaut aus Informanten und Freunden.“ Mit einem Fotografen im Team (meistens Franz Hug, aber auch Guido Krzikoswki) eroberte er die große weite Glitzerwelt. Bambi, Oscar, Cannes, Venedig, London, New York. US-Minister Kissinger beim Friseur, Sophia Loren über die Liebe, das Geheim-Fest der Romy Schneider. Alles exklusiv. Und alle standen am Gartenzaun und guckten staunend rüber.

Mein Gott, war die süß: Sisi-Filmstar Romy Schneider beim Geburtstag ihrer Mama Magda im Münchner „Walterspiel“. Bei Graeter weltexklusiv (mehr im Star-Club, Folge 3)

Warum aber der Abstieg ins Gefängnis für den berühmten Kolumnisten und Unterhaltungs-Unternehmer (3 mal Café Extrablatt, 3 Kinos)? Er sagt: „Missverständnisse, Pech und Pannen.“ Laut Wikipedia kassierte 2002 Graeter 14 Monate auf Bewährung wegen Insolvenzverschleppung, Bankrott und Veruntreuung von Arbeitsentgeld. Er schimpft: „Das sind Grimms Märchen. Keine Insolvenz, sondern verkauft, nur 8 Monate nicht 14.“

Recherche Oldschool: die wichtigsten Infos werden handschriftlich notiert. Michael Graeter (84) wie immer einsatzbereit

Als er 2008 in die JVA Landsberg einfährt, ist die Welt eine andere, besonders für viele Journalisten. Sie haben auch Handys und Computer. Aber keinen Job mehr. Controller hatten die Macht in den Verlagen übernommen. Geld fehlte, Anzeigen fehlten, Abos fehlten. Online war billiger. Einfach abschreiben und raus.

Bestseller aus den 80ern: Graeters Promi-Lexikon. 3 Auflagen, 120.000 verkauft

Nach dem Gefängnis macht Graeter auch „Internet“ (StarTV). Und Video („Star-Journalist packt aus“). Und Talks auf Privatsendern. Aber dafür gibt´s keine Festanstellung und kaum Cash. Der Ex-Star-Schreiber durchleidet die Qualen aller Marketing-Kreativen. Weil damals für Print die großen Werbekampagnen eingestellt werden, müssen auch diese Texter und ADs vom Hof. Die Agenturen stöhnen und lamentieren, die Printbranche auch.

Topaktuelles Projekt des Promi-Schreibers: Sonnenbrille mit Testimonial Steve McQueen

Graeter nicht. Er hat noch gute Freunde, ist weiters beseelt vom exklusiven People-Journalismus. Mit Dschungel-Königen und Schmuckdesign-Influencerinnen? Graeter winkt ab: „Rauschende Feste, kreative Industriebosse und Rosenkriege gibt es nach wie vor.“ Aber weil die Redaktionen im Schlafwagenmodus arbeiten würden, sei nix Aufregendes im Blatt. „Es gibt kein Herzblut mehr, keine Kondition, kein Netzwerk.“

Es war einmal: Greaters Café Extrablatt. In München, direkt hinterm Siegestor, heißt jetzt Bar Giornale

Mit 84 sitzen viele Männer abgekämpft auf der Hausbank. Die neue Generation fährt E-Bike, trägt Sneaker und arbeitet weiter. Wie der Graeter Michi. Und wir sind alle ein bisschen traurig. Würden gern wissen, wie Kir Royal weitergeht…

Lesen Sie in der Star-Club-Folge 3: Café Extrablatt und die geheime Gästeliste (kommt bald)

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