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Baby Schimmerlos

Häuser & Ehm: Wagnis einer Blattkritik

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Aufm Tisch liegt Meedia, das neue Printmagazin aus München. Daniel Häuser (Clap) und Peter Ehm (headline1), zwei Chefredakteure, blättern und lesen und sagen, wie´s ist oder mal war.

Ehm: Wir waren ja beide bei der w&v, der Fachzeitschrift werben und verkaufen, genauso wie der Meedia-Chefredakteur Matthias Oden. Kann er´s?

Häuser: Peter, schwer zu sagen, dafür kenn´ ich ihn noch zu wenig. Er war zu einer ganz anderen Zeit bei w&v als du und ich.  

Ehm: Auf jeden Fall ist plötzlich Bewegung drin im Markt. Passiert bei Clap auch mal wieder was Neues?

Ist freundlicher als auf der Editorial-Bild: Chefredakteur Daniel Häuser

Häuser: Nee. People-Geschichten wie immer. Aber es hält sich irgendwie.

Ehm: Meedia hat ja diesen sagenumwobenen Verleger Timo Busch. Hast Du den mal getroffen?

Häuser: Natürlich. Bei der letzten Publisher’s Night in Berlin. Er verwickelte mich in ein freundliches Gespräch über die Branche.

Ehm: Und, hat er verraten, warum sein Meedia-Heft plötzlich in München erscheint?

Häuser: Nein, aber wir sind jetzt trotzdem Nachbarn im Münchner Westend.

Chefredakteur Peter Ehm: Mit headline1 produziert er auch Printprojekte

Ehm: Wir waren ja beide beim einstigen Europamarktführer w&v. Knapp 50.000 Auflage pro Woche. Aber da ist ja irgendwie die Luft raus. Nach gefühlten 100 Jahren verzog Chefredakteur Jochen Kalka nach Berlin, Umstellung auf monatlich. Kommt jetzt Meedia groß raus?

Häuser: Sorry. Ich habe da eher so grundsätzliche Überlegungen…

Ehm: Bitte die Fakten, Herr Häuser.

Häuser: Wir beide haben doch Ende der 90er, Anfang der nuller Jahre die aufregendste Zeit der Kommunikationsfachpresse erlebt. Wir haben unseren Beruf gefeiert. Das Park Café war unser Zuhause. Die Arbeit war nicht easy. Aber man konnte was wagen. Jede Woche 200 Seiten Produktion. In der Spitze gab es die gelumbeckte Ausgabe mit 324 Seiten. Wir waren die Marktführer und mit diesem Gefühl sind wir morgens in die Karlstraße (lacht). Unser w&v-Titel mit Rolf Schmidt-Holtz mit der schönen Zeile „Wer will mich?“ hing jahrelang vor dem Eingang zur Chefredaktion. Ressortleiter Stefan Braunschweig stellte manchmal zum Scherz die Frage: Gibt es im Markt überhaupt so viele Stories für die vielen Seiten?

Ehm: Es gab sie, die Super-G´schichten und die wurden ja immer besser. Weißt Du noch, wie ich damals diesen Top-Mann von der Bild geholt habe, der die Skandalgerüchte aus der Marketingbranche hart recherchiert hat. Seine Stories brachten uns dann Schlagzeilen in der Bild. Das ist für mich die hohe Schule des Marketings.

Häuser: Ja die Geschichte erzählst du ja sehr gerne. Wichtig war auch immer die „Blutgrätsche“, wenn was nicht gepasst hat. Oder? Du kommst eben aus dem Boulevard der Abendzeitung. Aber zurück zur Sache. Ich meine, dass die w&v mit ihren Köpfen die Szene über Jahrzehnte geprägt hat und jetzt anderswo immer noch prägt: Andreas Werb, Michael Geffken, Andreas Knaut, Christian Faltin, Kerstin Richter, Klaus Eck, Elke Löw, Burkhard Riering, Andreas Vill, Judith Pfannenmüller, Stefan Krüger. Fallen Dir noch ein paar Namen ein?

Ehm: Denk mal an Konstantin Korosides, den Pressechef von „unister“. Nach der Skandal-Insolvenz mit Flugzeugabsturz war unser Ex-Kollege auf allen TV-Kanälen. Mir fällt jedenfalls im Rückblick neben den Verlagschefs Michael Boos und Martin Korosec unsere Ex-Nachrichtenchefin Katja Pichler ein, die am Dachstein so tragisch verunglückt ist. Das waren und sind lauter Big Names.

Häuser: Katja Pichler habe ich leider erst so richtig als knallharte ProSiebenSat.1-Sprecherin kennengelernt. Schockierende Sache damals, selbst die tz hat darüber berichtet. Was ich sagen wollte: Der unglaubliche w&v-Erfolg wurde von außen unter die Lupe genommen und so entstand ab 2005 eine Welle von neuen Produkten für die Kommunikationsbranche. Die waren größtenteils spezieller, wie auch unser People-Magazin Clap und sorgten für Konkurrenz.

Ehm: Du meinst, das Meedia-Magazin ist eine Wette darauf, dass die guten alten Zeiten wieder zurückkommen?

Der neue Branchen-Titel aus München mit Dankesanzeige auf der U4

Häuser: Keine Ahnung. Vielleicht denkt man sich, dass Corona für eine Veränderung sorgen könnte. Zum „Griff nach der Krone“ – wie auf dem ersten Titel angekündigt – reicht es nach nur einer Ausgabe nicht.

Ehm: Mal Tacheles. Harte Recherche, mitreißende Stories und überraschende Meldungen sind aber doch grundsätzlich viel zu wenig zu erkennen in der Fachpresse. Ich bin oft gelangweilt. Sind wir mit unserem Journalismus-Drill Old School?

Häuser: Ich glaube nicht, dass es „Old School-Journalismus“ gibt, sondern nur guten oder schlechten.

Ehm: Ja, aber wenn mir ein Redakteur sagt „ist eh´ bloß ´ne kleine Meldung“, schmeiß ich ihn raus.

Häuser: Oder er kriegt von dir ´ne Abmahnung (lacht schon wieder). Peter, du weißt ja, ich hab Journalismus studiert und ich bin gern Journalist. Es gilt immer noch: aufschreiben, was man recherchiert hat, wenn es stimmt. Die Verteidigungslinien auf der anderen Seite sind aber fieser geworden. Wenn beispielsweise ein Boss von A nach B wechselt, dann gibt es für mich keine Diskussionen. Das ist Fakt und wird publiziert.

Ehm: Ob im Boulevard- oder im Fachbereich: der Respekt gegenüber Print ist irgendwie weg und damit auch die Anerkennung als „höchste Instanz der Öffentlichkeit“. Wenn ich an Beate Wedekind denke oder an Michael Graeter. Bei denen standen die Super-Promis auf der Matte. Frei nach Baby Schimmerlos „wer drin ist, ist drin“. Jetzt muss man froh sein, dass es Print überhaupt noch gibt.

Häuser: Peter, musst du denn nicht langsam wieder zurück nach Wolfratshausen.

Ehm: Da wohn´ich schon seit über zehn Jahren nicht mehr. Sind jetzt in Haidhausen. Außerdem muss ich weg. Vorm Haus Blaulicht und Aufregung. Die Feuerwehr ist da. Notarzt, Straßensperre. Vielleicht schon wieder ´ne Super-G´schicht…

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