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Marketing-Knigge

Marketing-Knigge Wiesn (Teil II)

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Achtung: Ein flott realisierter Wiesn-Besuch kann in die Hose gehen. Outfit, Colorcode, B-to-C, Complience – hier die wichtigsten Tipps für den Agentur- und Werbemenschen.

Hier gibt´s alles: Tickets, Termine, Tische und Lederhosn

München – Vor drei Jahren kamen sieben Millionen zum Oktoberfest. 2018 waren´s nur 6,3 Mios. Ist also aktuell leicht luftiger zwischen Zelt und Wilder Maus. Somit kann sich die/der Kreative auf die elementare Frage nach dem Outfit konzentrieren.

1. Müssen wir uns zum Oktoberfest 2019 wirklich vom Dekoletté verabschieden?

Zunächst einmal: Jeder sollte zur Wiesn in fescher Tracht erscheinen. Aber in diesem Jahr ist die In-Lady zur Defensiv-Präsentation von Tracht & Pracht angewiesen. Heißt: Hochgeschlossene Dirndl bzw. hochgeschlossene Blusen (mit Spitze) umhüllen die Oberweite im herbstlichen Treiben. Die headline1.de-Mode-Chefin gibt außerdem bekannt:
• Braune Bundlederhosen und kreischfarbige Mini-Dirndl (Länge 50/grün, orange, pink) bleiben im Schrank.
• Die Burschen kommen in kurzen Lederhosen (max. bis zum Knieansatz); in hellen Farbtönen, bitte nur mit dezenter Stickerei.
• Dazu Kniestrümpfe, Haferlschuhe und die einfarbige Weste (Samt/Seide/Leinen) mit Mikromuster.

Hirschlederhose (re.) für € 799: Aktuelles Angebot von Galerie Karstadt Kaufhof

• Das beliebte Karohemd steht modisch auf der Kippe. Besser: einfarbig, z.B. weiß.
• Die Dirndlfarben der Saison: Gedeckt, also Grau, Beige, Bordeauxrot, Brombeer und Dunkelblau.

2. Muss ich einen Kellner bestechen, um ins Bierzelt zu kommen?

Nein, um Gottes Willen, nicht. Einmal müssen Sie allerdings ins Zelt kommen. Am Besten unter der Woche, zum Mittagstisch. Dort merken Sie sich die Namen Ihrer Servicekraft z.B. Josef, Maria, oder eben Leon (Foto).

Top-Profi Leon Schüttbacher: Einst im Hippodrom, jetzt in der Schönheitskönigin auf der Oiden Wiesn

Beim Trinkgeld nicht knausrig sein und schon ist eine perfekte B-to-C-Kundenbeziehung installiert. Die überdauert mindestens eine Saison. Ein Beispiel: der Schüttbacher Leon in der „Schönheitskönigin“ (Zelt auf der Oidn Wiesn). Der sympathische Österreicher ist Bier-Sommelier und war jahrelang Chef in der Königsloge vom Hippodrom (gibt´s nicht mehr, => Folge I, Sepp Krätz). Leon kennt seine Stammgäste und findet, trotz Buchungsstand 90 Prozent, für jeden noch ein Platzerl. Danke Leon!

3. Wer sind aktuell die coolsten Gastgeber aufm Oktoberfest?

Wer eingeladen wird, der erhält in der Regel ein Eintrittsband („bandl rosso“). Damit ist schon mal jeder Gastgeber cool, weil er für Bier und Brotzeit aufkommt. Annette Weber (Bild) glaubt, dass das heißeste Ticket die Madl-Wiesn #femaleleader U50 ist. Kann sein (=> Absatz 4, Digis & Techis).
Der Marketing-Insider zieht allerdings die Bandl vom Münchner Marketing Club vor. Denn auf dieser Wiesn gibt der neu gewählte Club-Präsident Alexander Wunschel seinen ersten Chef-Showdown. 700 Mitglieder können happy sein: Der Marketing Club ist aus der Weißbiersiesta erwacht.

TV-Chef Gottfried Zmeck (li.) mit Ex-Vizebürgermeister Josef Schmid (jetzt MdL)

Vom Schützenzelt rüber ins Weinzelt: Das ist so was wie der Thronsaal von Gottfried Zmeck. Der Fernseh-CEO (Goldstar TV, Heimatkanal, Romance TV) hat sein Reich jetzt in „Fernsehen mit Herz“ neu gebrandet, feiert aber mega wie eh und je. Johnny Logan, Helmut Markwort, Jutta Speidel, Michael Holm, Katharina Behrend – keiner bringt so viele illustre Promis zum Wiesnfest wie der Gottfried. Unvergesslich: Der Doppelseitenauftritt von Roberto Blanco auf der Empore balancierend.


4. Was finden Digis (digital Werktätige) und Techis (Programmierer) so sexy an der Wiesn?

Digital-Expertin Birgit Ströbel (Ex-ImmoScout) mit Regierungsberater Andreas Weigend

Wir blicken in die glänzenden Augen von Andreas Weigend (Foto). Nach seiner Zeit bei Amazon und Jeff Bezos, ging er auf Weltreise, um die digitale Welt zu erklären. Andreas berät die deutsche Regierung, gehört zu den gefragtesten Data-Revolution-Referenten – und ist, wie Millionen seiner Kollegen, ein Wiesn-Fan.
Mittlerweile weltberühmt ist die Digi-Konfi „bits & pretzels“. Zum Finaltag am 1. Oktober werden 5000 Gründer, Investoren und Start-up-Enthusiasten das Schottenhamel-Festzelt stürmen. Ab 9 Uhr früh talk & learn, face to face. Ex-Präsident Barack Obama kommt als Top-Speaker. Nach dem Programmpunkt „surprise“ ist allerdings um 13 Uhr Schluss für die Digis.
Fest steht: Die Digital-Zielgruppe (jung, frech, frisch) hat das Münchner Oktoberfest fest in der Smartphone-Hand. Allein die offizielle Wiesn-Site oktoberfest.de, unter der Leitung von Chefredakteur Gunner Jans (Ex-AZ), erwartet in diesem Jahr 10 Millionen Klicks. Dazu Millionen Selfies und Likes auf Facebook & Co. Der Erfolg ist übrigens recht einfach zu erklären: Beim Oktoberfest wird das zur Realität, was man theoretisch vorbereitet hat (Tickets, Meetings, Bussis & Herzis). Einfach schön!

4. Darf ich als Marketingleiter eine Einladung zur „zünftigen Wiesnführung“ (34,-€) mit anschließender Bewirtung in der „oiden Wiesn“ annehmen?

Dazu unser Experte, Rechtsanwalt Guido Kambli aus der Münchner Kanzlei Duvinage-: „Als erstes sollte man sich nach den Compliance-Richtlinien im eigenen Unternehmen erkundigen. Auf der sicheren Seite ist derjenige, der die Einladung mit seinem Vorgesetzten oder dem Compliance Officer bespricht und sich genehmigen lässt. Probleme können sich ergeben, wenn der Einladende aktuell im Auftragspitch mit der Firma des Eingeladenen steht oder umgekehrt. Natürlich ist jeder Fall individuell zu bewerten. Aber generell lässt sich feststellen, dass bei den zu erwartenden Aufwendungen für den Gast, wenn dazu nicht noch eine Anschlusseinladung in eine Diskothek oder ähnliches folgt, bei Berücksichtigung der oben genannten Vorbereitung, keine betriebsrechtlichen Folgen zu erwarten sind.“


So schaut´s aus. Mit unseren zwei Folgen zum Thema „kreative und erfolgreiche Eigenvermarktung auf der Münchner Wiesn“ wünscht die headline1.de-Redaktion allen Besuchern ein frohes Fest.

Marketing-Knigge Oktoberfest (I)

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Über den Mega-Boom einer Münchner Marke und wie man geschmeidig & sorglos mitfeiern kann.

Süße Tradition in allen Farben: Ein Herzi-Stand vorm Löwenbräu-Zelt

München – Mitte September ist die Gesamtsituation irgendwie unübersichtlich. Die Münchner Hochkultur ist beispielsweise konsterniert, weil die Kammerspiele mitsamt des ungeliebten Intendanten Matthias Lilienthal „Theater des Jahres“ sind. Außerdem verlässt Generalmusikdirektor Kirill Petrenko die Bayerische Staatsoper und ist bei den Berliner Philharmonikern Nachfolger von Simon Rattle.

Die FC Bayern-Fans sind ratlos, weil Ulli Hoeneß mit seiner Allianz-Arena nicht mal den deutschen Solarenergiepreis gewinnen kann (ging an Werder Bremen). Auch die Wahl zum „schönsten Trikot der Liga“ hat der FCB verloren (ging an den 1. FC Köln).

Im deutschen Marketing herrscht Verunsicherung: Wer wird zur Gala von Serviceplan im Bayerischen Hof als Chief Marketing Officer (CMO) of the Year“ ausgezeichnet. Wer wird Nachfolger von Karsten Kühn (Hornbach)?

Gruß aus Herzogenaurach: Megaposter von Adidas zur Wiesn

Es sind viele relevante Zielgruppen, die da durch die erste Halbzeit des Septembers irren. Man vergesse nicht die Volksmusikfans (Gabalier-Trennung) und die SUV-Piloten (Fahrverbot). Aber zum 21. September ändert sich plötzlich die Sachlage. Das Münchner Oktoberfest startet, das größte Volksfest der Welt. Und die ganze Welt hat eigentlich nur noch zwei Probleme: Wie komm´ ich da hin und gibt´s nochn freien Platz? Friede, Freude, Faszination. Hier die Antworten zu einem Marken- und Marketingphänomen.

Das offizielle Wiesnplakat 2019

1. Wie wirbt die Stadt München für ihr Oktoberfest?

Fest steht: Auch zur 186. Auflage des Events sind die Marketingaktivitäten der Stadt München eher bescheiden. Ist nix Neues, war schon immer so. Die Stadt als Veranstalter hat u.a. eine Wiesn-App eingerichtet, mit der man freie Zeltplätze und Karussellpreise checken kann. Es gibt einen Plakatwettbewerb, dessen Siegermotiv auf dem offiziellen Bierkrug und diversen Merchandisings erscheint. Pressekonferenzen, Interviews und Bierproben. Ende der offiziellen Marketingdurchsage.

2. Hat denn Herr Haffa das Oktoberfest so weltberühmt gemacht?

Es war in den 90ern, als der Münchner Thomas Haffa (Schüler des Medien-Moguls Leo Kirch) das Oktoberfest zu seinem internationalen Bestseller machen wollte. Der Chef von EM-TV kommandierte zu seinen Hochzeiten in der New Economy ein Imperium im Börsenwert von 27 Milliarden €. Haffa war scharf auf Disney, kaufte dann aber Formel1-Anteile für 3 Milliarden und, ganz nebenbei, ein Warenzeichen fürs Oktoberfest. Überall auf der Welt sollten O-Feste unter EM-TV-Lizenz stattfinden. Das gab viel Aufmerksamkeit. Aber blieb ohne Erfolg. Die Zielgruppe pfiff auf die „Wiesn in der Wüste“, düste lieber zum Original nach München. „Geblendet vom eigenen Licht“ (die Zeit) verschwand Haffa aus der Erfolgsspur.

Edel, hochgeschlossen und geheimnisvoll: Wiesn-Motive aus dem Reich von Rene Benko

3. Warum ist das Oktoberfest trotzdem so bekannt und eine Marke im Wirtschaftswert von 1,5 Milliarden €?

Wert, Image und Bekanntheit des Oktoberfests beruhen in der Tatsache, dass es regelmäßig und zuverlässig auf der Münchner Theresienwiese stattfindet. Wie gesagt, in diesem Jahr ist es die 186. Auflage. Brauereien, Wirte, Schausteller und Budenbesitzer müssen jedes Jahr einen strengen Punktekatalog erfüllen. Zu viele Minuspunkte (Steuer, Schwarzarbeit, etc.) bringen die Vertreibung aus dem Umsatzparadies (z.B. für die berühmten Wiesn-Wirte Richard Süßmeier und Sepp Krätz). Die Stadt sorgt für perfekte Logistik, Organisation und Sicherheit. Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner hat den aktuellen O-Fest-Wirtschaftswert auf 1,5 Milliarden € taxiert.
Den Hype um das Event machen die Medien mit ihrer – freien und unbezahlten – redaktionellen Berichterstattung. TV, Print, Audio, online – die ganze Welt wird informiert (kein Fake!). Nicht zu unterschätzen ist ein weiteres klassisches Werbe-Tool: die Mund-zu-Mund-Propaganda. Hat derzeit etwa 20 andere Marketingvokabeln, beschreibt aber schlicht und einfach, dass der Karli der Mama und dem Stammtisch erzählt, wie zünftig es wieder auf der Wiesn gwesen is….

Sonniges Lächeln in der Herbstsonne: Münchner Litfaßsäule mit Lodenfrey

4. Macht wirklich niemand klassische Werbung fürs Oktoberfest?

Nicht direkt fürs, sondern eher mit dem Oktoberfest starten diverse Marken ihre Herbstkampagnen.
In diesem Jahr auf Platz 1 im Kreativranking: der Sportartikler Adidas. Mit dem Promiteam Lena Gercke, Rapper Sido und den Kickern David Alaba und Serge Gnabri promotet die Marke neue Sneaker-Modelle im Wiesnlook. Auf Megapostern und Leuchtwerbung strahlt das „Oktoberfest“ leuchtend blau. Der Gag: Wie einst der vielfach ausgezeichnete Adidas-Schuh mit integrierten BVG-Ticket, garantiert nun der neue Oktoberfest-Lederschuh „Prost“ freien Zugang in den Vip-Bereich vom Paulanerzelt (am ersten Wiesn-Sonntag).
• Ritter Sport bringt über den Discounter Aldi für 1,99 € die Schokowürfel-Oktoberfest-Edition unters Feiervolk. 22 einzeln gefüllte Minis aus Vollmilchschokolade.
• Die Litfaßsäulen der Stadt München sind im charmanten Oktoberfest-Look belegt. Je nach Finanzkraft der jeweiligen Stadtteile plakatieren die Münchner Modehäuser Lodenfrey, Hirmer, Angermaier und Konen.
• Die neue Doppel-Galeria Karstadt Kaufhof von Rene Benko macht mit einem edlen Dirndl-Lederhosen-Postwurf Lust aufs Einkaufen. Und die Verlagshäuser von Abendzeitung, Bild und tz/Münchner Merkur freuen sich über gut gebuchte Beilagen und Sonderseiten. Es brummt das Geschäft mit der Lust auf Gemütlichkeit.

Vor den 7 Bergen: Promi-Truppe von Adidas im aktuellen Wiesn-Schuh

Lesen Sie in Folge II:
Wie komme ich an einen Sitzplatz im Zelt?
Kann ich eine Einladung auf die „Oide Wiesn“ annehmen?
Was soll ich als Markeing-Lady anziehen, was bleibt im Schrank?
u.a.

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