Toscanis Bullshit und 1 x Alibaba

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Shocking & genial: Oliviero Toscani gehört zu den Großmeistern der Werbung. Bei Serviceplan zog der 76jährige jetzt ordentlich vom Leder.

Toscani protestierte einst gegen die Todesstrafe, den Krieg und gegen Aids – alles für Benetton. In 18 Jahren, bis 2000, machte er die Modemarke weltberühmt. Und Toscani, mittlerweile 76, ist kein bisschen ruhiger geworden. Das zeigte er beim Innovationstag der Münchner XXL-Agentur Serviceplan. Denn er brachte Alex Schill, den obersten Kreativchef der Agentur, ganz schön ins Schleudern.

Oliviero Toscani: Benetton ist kein Thema mehr

Begehrte Charts : Terry von Bibra, Alibaba
 

Sympathisch & leicht blass: Joko Winterscheidt (r.) mit RTL-Moderator Wolfgang Kons

Freundschaft nach dem Bühnenduell: Serviceplan-Kreativo Alex Schill (l.) mit  Toscani

 

MÜNCHEN – Vor 400 Gästen wollte der Serviceplan-Talker, hochdekoriert mit diversen Kreativpreisen, einen launigen Plausch mit seinem italienischen Stargast führen. Der 76-jährige wollte das auch. Nur anders. Toscani:

• „Künstliche Intelligenz ist Bullshit. Jedes große Projekt ist aus einem menschlichen Traum gemacht, nicht von einer Festplatte.“
• „Marketingleute wollen immer sicher sein, deshalb werden sie nie kreativ sein.“
• „Wenn du eine Idee hast, fürchte dich nicht vor der Angst.“
• „Der Begriff Artdirector ist ein Widerspruch in sich. Denn einen Direktor der Kunst kann es nicht geben. Die Kunst ist frei und unabhängig.“
• „Bei den Briefings mit Benetton habe ich immer genau zugehört und dann genau das Gegenteil gemacht.“

Der einstige Werbeskandal von Benetton? Für Toscani – in Jeansjacke, roter Hose und alten roten Nike-Sneakern – kein willkommenes Sprechthema. Da zauberte Schill ausgesuchte Schockfotos an die Videowall. Eine Galgenszene, eine Nazi-Demo – darauf hebelte der Kreative das grüne Benetton-Logo. „Was sagen Sie dazu?“ – Antwort: „Bullshit!“ Es tobte der Saal.

Der Innovationstag von Serviceplan ist nach 14 Jahren ein Fixpunkt für Deutschlands Medien-, Marketing- und Agenturszene. Jedes Jahr holt Europas größte eigentümergeführte Agentur Top-Leute der Branche nach München. Neben Toscani dieses Mal auf der Bühne: Minister a.D. Sigmar Gabriel, Prof. Jürgen Schmidhuber, der „Vater der modernen künstlichen Intelligenz“, Julia Jäckel, CEO Gruner + Jahr, Tyler Brûlé und seine Luxusmagazine Monocle, Terry von Bibra von Alibaba (Foto 2)  und Joko Winterscheidt, der TV-Mann, den´s jetzt auch als Magazin gibt. Aber Joko blieb leicht blass auf der Bühne. Ein anderer war der Star.

Daniel Häuser, Chefredakteur von Clap, glaubt, dass Terry von Bibra die meisten Handyfotos generierte. Stimmt. Bibra, der Ex-Kommandant von Yahoo ist jetzt Europa-Chef des chinesischen Online-Giganten Alibaba. 400 Gäste machten große Augen beim Crash-Kurs ins neue E-Reich der Mitte: Taobao, Fliggy, Youku und Lazada sind lauter Bestsellermarken von Alibaba. Werbung, Retail, Transport, Bezahlung – macht alles der Handelskonzern. Mit guten Gewinnen. Allein im ersten Quartal 2018 verkündete Alibaba ein Umsatzplus von 61 Prozent…

PS: Geteilte Mühe ist halbe Mühe. Das gilt auch für die Kosten. Für den Mega-Event, zu dem auch die CMO-Gala für den besten Marketing-Mann Deutschlands gehört (wir berichten später darüber), hat Serviceplan namhafte Sponsoren akquiriert: die Mediengruppe RTL, die Frankfurter Allgemeine, Gruner + Jahr, Samsung und Antenne Bayern.

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