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Oktober 2025

Abschiedsbrief an Franz Josef Wagner (82)

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Ich sagte: „Du hast mir 5 Jahre meines Lebens gestohlen.“ Er sagte: „Aber dafür bist Du gut bezahlt worden.“ Begegnung mit meinem Ex-Chefredakteur bei Christoph, unserem Tabakhändler in der Berliner Schlüterstraße 33. Anschließend Espressos im Mondo Pazzo, gleich gegenüber. Er war gut drauf, Franz Josef Wagner, Deutschlands berühmtester Boulevardjournalist („Post von Wagner“). Er hat erzählt, im vergangenen Sommer. FJW ist am 7. Oktober in Berlin verstorben.

Lebte Jahrzehnte im In-Viertel Berlin-Charlottenburg: Franz Josef Wagner. Foto: Daniel Biskup

Als Briefe-Autor in Bild hat Wagner 20 Jahre immer wieder für Aufsehen und Entsetzen gesorgt. Aber das alles war „Kindergarten“ im Vergleich zu den Glimmer- und Glitzerjahren im Münchner Verlag von Hubert Burda. Im Verbund mit Print-Genie Günter Prinz (Bild, 5 Mio Auflage) sollte Wagner als BUNTE-Chef ab 1987/88 den Stern überflügeln (damals ca. 1,9 Mio Auflage).

Kampf der Verlags-Giganten

Burda gegen Gruner+Jahr gegen Axel Springer. München gegen Hamburg. Es war ein Kampf der Verlags-Giganten. Unter dem Motto „Klangwolke“ hatten die Münchner Burda-Strategen ihre BUNTE mit einem zweistelligen Mio-Budget ausgestattet.

Warum Roberto Blanco so sauer war?

Und Wagner, Burdas Chefjournalist, zeigte Genie und Wahnsinn. Er fragte z.B. großformatig in BUNTE: „Können Steine weinen?“ Er zeigte zur Trauung von Markus Lanz „den einarmigen Hochzeitstanz“. Und er verärgerte Roberto Blanco mit der Feststellung, sein Vorrat an Hemden könnte einen ganzen Negerkral einkleiden. BUNTE war talk in town.

Wagner und die unglaubliche Porsche-Story

Ich, Peter Ehm, war von 1985 bis 1990 bei BUNTE, als Ressortleiter „Service & Journale“. Unser Ressort lag außerhalb der Schusslinie. Nur wenig Promis, keine Skandale, eher Anzeigenumfeld. Obwohl, wir waren dem Großressort Auto unter Hans-Peter von Thyssen zugeteilt. Und als Thyssen für die aktuelle BUNTE den neuen Ford mit unscharfen Wüsten-Fotos präsentierte, traf ihn der volle Zorn von Wagner. Der wollte im neuen Heft sofort sechs Seiten vom „neuen Porsche“ haben. Den habe er in Genf gesehen. Nachts um 2 wagte Baron von Thyssen Widerspruch: „Aber Franz Josef, das war eine Studie. Wahrscheinlich wird der nie gebaut.“ – „Das ist völlig egal, 6 Seiten vom neuen Porsche. Ich warte.“

 

Alle zeigten den „neuen“ Porsche

Im Morgengrauen war dann die Auto-Story fertig. 6 Seiten. Titel: „BUNTE exklusiv: Der neue Porsche.“ Interessant: Alle schrieben ab. Aber der „neue“ Porsche war nur ein Konzept-Car. Eine solche Reichweite sollte nie wieder ein kreativer Journalist bekommen.

FJW und die berühmte Bierflasche

Wagner erfand dann noch die Deutsche Elle sowie die Bild-Konkurrenz Super für die Neuen Bundesländer. Als „Gossen-Goethe“ beschimpft, sorgte er weiter für Reichweite. Titelzeile Super: „Angeber-Wessi mit Bierflasche erschlagen! Ganz Bernau ist glücklich.“ Die Super wurde dann eingestellt. Wagner ging zurück zu Springer.

„Ich brauche keine Kaffeekränzchen“

„Hast Du eigentlich noch Freunde?“, fragte ich. „Ja klar. Der Körzi (Norbert Körzdörfer) melde sich noch ab und zu: „Aber ich brauch keine Kaffeekränzchen.“ Dann fragte er nach München. Wie´s Edgar Fuchs gehe (verstorben), der Abendzeitung (nicht gut, siehe StarClub).

So groß war mal die Abendzeitung

Nachdem eine Bettlerin am Tisch erschienen war und gegen Gebühr neues Glück anbot (ich gab ihr 2 Euros), berichtete Wagner über Bild München der 70er Jahre. Dort sei für ihn das Wichtigste gewesen, täglich um 22 Uhr den Andruck der Münchner Abendzeitung zu sehen. Dann wurden die Top-Storys „abgekupfert“.

Leider auch das vorbei.

Danke Franz Josef für Deine Lektionen.

 

Peter Turi und sein Big Bang für die Comm-Branche

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Die redaktionelle Betreuung der Werbe- und Commbranche ist aktuell „sabatical“. Heißt: Sie ist zum Großteil weg. Die Kreativen aber wollen verlässlichen Comm-Journalismus – und da kommt Peter Turi um die Ecke. Der Erfinder von kress online (1996) und Ex-Partner von Verlags-Multi Johann Oberauer (PR Report, Meedia) launcht am 9. Oktober eine große Info-Initiative.

Portrait mit Kaktus: Gründer und Netzwerker Peter Turi

„Turi.One – The inspiration Network“, so der Titel des neuen Netzwerks. Es ist eine ganze News-Batterie, die der Heidelberger Journalist gezielt in Branche bringen will. Mit 5 Vertical-Newslettern (Moove, Journo, Comms, Brands, Media) und einer Sunday-Ausgabe baut Turi die „größte offene Bühne der Branche“.

Signalfarbe Blau: Ein Blick auf das neue Turi.One mit Christoph Keese als Top-Story

Turi.One ist kostenlos und verzichtet auf Werbespam, Clickbait, Cookies und Paywalls. Zum Start grüßen durchaus renommierte Partner wie die Motor Presse Stuttgart, der Deutsche Journalisten-Verband und der Agenturverbund GPRA. Ebenso interessant die Liste der Mitarbeiter von Turi.One, darunter Hans-Jürgen Jakobs (Ex-Handelsblatt), Sarah Kübler (HitchOn, NextGen), Harald Hamprecht (Ex-Opel), Katrin Wilkens (Zeit, Spiegel) und Grimme-Preisträger Marcus Schuler (Ex-ARD). Der langjährige Turi-Spetzi Uwe C. Beyer zeichnet wieder als Art Director verantwortlich. Fotochefs sind Holger Talinski und Johannes Arit.

Anzeigenkunden wie Bosch gehören zum Turi-Portfolio

Großes Kino ist also angesagt. Verleger Turi rechnet im ersten Schritt mit 30.000 Abonnenten: „Dann gehe ich von 60.000 friends aus.“ Kein Wunder, dass da die ehemaligen „Platzhirsche“ wie Horizont und wuv nicht begeistert sind. Auch bei new business, Meedia und campaigngermany rüstet man sich gegen die neue Konkurrenz.

Turi.One läuft online und offline: die Edition (hier Ausgabe 23) wird 204 Seiten umfassen

Erster Showdown von Turi.One ist während einer Gala der Motor Presse im Stuttgarter Mercedes-Museum (13.10.). Dort wird der Chef den „Mobility CMO of the year“ küren. Danach kommt die Printausgabe aus der bekannten Serie Turi.Edition mit dem Zusatz Move (204 Seiten, Auflage 10.000 – Foto oben).

Hier der Link zum neuen Turi

Peter Turi, Macher, Multi-Gründer und Preisträger des Bayerischen Printpreises verkaufte im vergangenen Jahr sein Konstrukt „turi2“. Nur ein Jahr Pause und der bekannte Netzwerker (64) legt wieder los. Wer schon mal gucken will, hier der Antrag zum Probezugang: www.turi.one

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