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Bayerische Staatsoper

Marketing-Knigge Oktoberfest (I)

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Über den Mega-Boom einer Münchner Marke und wie man geschmeidig & sorglos mitfeiern kann.

Süße Tradition in allen Farben: Ein Herzi-Stand vorm Löwenbräu-Zelt

München – Mitte September ist die Gesamtsituation irgendwie unübersichtlich. Die Münchner Hochkultur ist beispielsweise konsterniert, weil die Kammerspiele mitsamt des ungeliebten Intendanten Matthias Lilienthal „Theater des Jahres“ sind. Außerdem verlässt Generalmusikdirektor Kirill Petrenko die Bayerische Staatsoper und ist bei den Berliner Philharmonikern Nachfolger von Simon Rattle.

Die FC Bayern-Fans sind ratlos, weil Ulli Hoeneß mit seiner Allianz-Arena nicht mal den deutschen Solarenergiepreis gewinnen kann (ging an Werder Bremen). Auch die Wahl zum „schönsten Trikot der Liga“ hat der FCB verloren (ging an den 1. FC Köln).

Im deutschen Marketing herrscht Verunsicherung: Wer wird zur Gala von Serviceplan im Bayerischen Hof als Chief Marketing Officer (CMO) of the Year“ ausgezeichnet. Wer wird Nachfolger von Karsten Kühn (Hornbach)?

Gruß aus Herzogenaurach: Megaposter von Adidas zur Wiesn

Es sind viele relevante Zielgruppen, die da durch die erste Halbzeit des Septembers irren. Man vergesse nicht die Volksmusikfans (Gabalier-Trennung) und die SUV-Piloten (Fahrverbot). Aber zum 21. September ändert sich plötzlich die Sachlage. Das Münchner Oktoberfest startet, das größte Volksfest der Welt. Und die ganze Welt hat eigentlich nur noch zwei Probleme: Wie komm´ ich da hin und gibt´s nochn freien Platz? Friede, Freude, Faszination. Hier die Antworten zu einem Marken- und Marketingphänomen.

Das offizielle Wiesnplakat 2019

1. Wie wirbt die Stadt München für ihr Oktoberfest?

Fest steht: Auch zur 186. Auflage des Events sind die Marketingaktivitäten der Stadt München eher bescheiden. Ist nix Neues, war schon immer so. Die Stadt als Veranstalter hat u.a. eine Wiesn-App eingerichtet, mit der man freie Zeltplätze und Karussellpreise checken kann. Es gibt einen Plakatwettbewerb, dessen Siegermotiv auf dem offiziellen Bierkrug und diversen Merchandisings erscheint. Pressekonferenzen, Interviews und Bierproben. Ende der offiziellen Marketingdurchsage.

2. Hat denn Herr Haffa das Oktoberfest so weltberühmt gemacht?

Es war in den 90ern, als der Münchner Thomas Haffa (Schüler des Medien-Moguls Leo Kirch) das Oktoberfest zu seinem internationalen Bestseller machen wollte. Der Chef von EM-TV kommandierte zu seinen Hochzeiten in der New Economy ein Imperium im Börsenwert von 27 Milliarden €. Haffa war scharf auf Disney, kaufte dann aber Formel1-Anteile für 3 Milliarden und, ganz nebenbei, ein Warenzeichen fürs Oktoberfest. Überall auf der Welt sollten O-Feste unter EM-TV-Lizenz stattfinden. Das gab viel Aufmerksamkeit. Aber blieb ohne Erfolg. Die Zielgruppe pfiff auf die „Wiesn in der Wüste“, düste lieber zum Original nach München. „Geblendet vom eigenen Licht“ (die Zeit) verschwand Haffa aus der Erfolgsspur.

Edel, hochgeschlossen und geheimnisvoll: Wiesn-Motive aus dem Reich von Rene Benko

3. Warum ist das Oktoberfest trotzdem so bekannt und eine Marke im Wirtschaftswert von 1,5 Milliarden €?

Wert, Image und Bekanntheit des Oktoberfests beruhen in der Tatsache, dass es regelmäßig und zuverlässig auf der Münchner Theresienwiese stattfindet. Wie gesagt, in diesem Jahr ist es die 186. Auflage. Brauereien, Wirte, Schausteller und Budenbesitzer müssen jedes Jahr einen strengen Punktekatalog erfüllen. Zu viele Minuspunkte (Steuer, Schwarzarbeit, etc.) bringen die Vertreibung aus dem Umsatzparadies (z.B. für die berühmten Wiesn-Wirte Richard Süßmeier und Sepp Krätz). Die Stadt sorgt für perfekte Logistik, Organisation und Sicherheit. Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner hat den aktuellen O-Fest-Wirtschaftswert auf 1,5 Milliarden € taxiert.
Den Hype um das Event machen die Medien mit ihrer – freien und unbezahlten – redaktionellen Berichterstattung. TV, Print, Audio, online – die ganze Welt wird informiert (kein Fake!). Nicht zu unterschätzen ist ein weiteres klassisches Werbe-Tool: die Mund-zu-Mund-Propaganda. Hat derzeit etwa 20 andere Marketingvokabeln, beschreibt aber schlicht und einfach, dass der Karli der Mama und dem Stammtisch erzählt, wie zünftig es wieder auf der Wiesn gwesen is….

Sonniges Lächeln in der Herbstsonne: Münchner Litfaßsäule mit Lodenfrey

4. Macht wirklich niemand klassische Werbung fürs Oktoberfest?

Nicht direkt fürs, sondern eher mit dem Oktoberfest starten diverse Marken ihre Herbstkampagnen.
In diesem Jahr auf Platz 1 im Kreativranking: der Sportartikler Adidas. Mit dem Promiteam Lena Gercke, Rapper Sido und den Kickern David Alaba und Serge Gnabri promotet die Marke neue Sneaker-Modelle im Wiesnlook. Auf Megapostern und Leuchtwerbung strahlt das „Oktoberfest“ leuchtend blau. Der Gag: Wie einst der vielfach ausgezeichnete Adidas-Schuh mit integrierten BVG-Ticket, garantiert nun der neue Oktoberfest-Lederschuh „Prost“ freien Zugang in den Vip-Bereich vom Paulanerzelt (am ersten Wiesn-Sonntag).
• Ritter Sport bringt über den Discounter Aldi für 1,99 € die Schokowürfel-Oktoberfest-Edition unters Feiervolk. 22 einzeln gefüllte Minis aus Vollmilchschokolade.
• Die Litfaßsäulen der Stadt München sind im charmanten Oktoberfest-Look belegt. Je nach Finanzkraft der jeweiligen Stadtteile plakatieren die Münchner Modehäuser Lodenfrey, Hirmer, Angermaier und Konen.
• Die neue Doppel-Galeria Karstadt Kaufhof von Rene Benko macht mit einem edlen Dirndl-Lederhosen-Postwurf Lust aufs Einkaufen. Und die Verlagshäuser von Abendzeitung, Bild und tz/Münchner Merkur freuen sich über gut gebuchte Beilagen und Sonderseiten. Es brummt das Geschäft mit der Lust auf Gemütlichkeit.

Vor den 7 Bergen: Promi-Truppe von Adidas im aktuellen Wiesn-Schuh

Lesen Sie in Folge II:
Wie komme ich an einen Sitzplatz im Zelt?
Kann ich eine Einladung auf die „Oide Wiesn“ annehmen?
Was soll ich als Markeing-Lady anziehen, was bleibt im Schrank?
u.a.

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