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Der Elchtest von Adidas

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Was lernen wir aus dem Adidas-Mietenskandal? Wer in der Krisen-PR Pech hat, verliert mehr als nur Umsatz. Die Analyse des Falls.

Ein Mietskandal kann durchaus ein gutes Geschäft sein. Zum Beispiel für Aktienkäufer. Weil Adidas erklärte. während der Corona-Krise keine Shop-Mieten mehr zu überweisen, fiel die Sportaktie von über € 240,- auf rund € 160. Die Schnäppchenjäger freuten sich. Der Rest der Welt war entsetzt. Die Love Brand mit den drei Streifen war plötzlich keine mehr. Wie konnte das passieren? Warum? Weshalb? Wie lange noch? Die Analyse eines PR-Gau:

Hobby-Sportler und Erfolgsmanager: Kasper Rorsted, CEO Adidas Group

1. Vergebliches Zeitspiel
In jedem PR-Handbuch steht, dass Krisen-PR „Wahrhaftigkeit und Unmittelbarkeit“ verlangt. Bei Daimler weiß man das zum Beispiel seit 1997. Damals hatte ein schwedischer Journalist beim „Elchtest“ die neue A-Klasse umgeworfen. „Na und? Bald wieder vergessen. Ein Schwede…”
Falsch. Der „Elchtest“ wurde für den Autokonzern zum Image- und Finanzdebakel. Daimler reagierte zu spät. Auch bei Adidas verging zu viel Reaktionszeit. Am 26.3. flog der Mietstopp auf durch die Bild. Am 29.3. kündigte der CEO im FAZ-Interview eine teilweise Rücknahme des Zahlungsstopps an. Am 2.4. dann die Entschuldigungsanzeigen mit Zahlungsgarantie. Unterschrift? „Ihr adidas Team“. 7 Tage Elchtest-Feeling, Fortsetzung folgt (=>3).

München im Herbst 2019: einer der seltenen Aussenauftritte von Adidas in XXL
  1. Unterschätzte Journalisten
    Adidas hatte in den vergangenen Jahren seine Budgets für Kommunikation, Werbung und PR nahezu komplett ins Netz verlagert. „Print ist oldschool“, hieß es dazu. Bei Bloggern wisse man, was die veröffentlichen. Dagegen würden Journalisten zu „Kritik und Unkontrollierbarkeit“ neigen. Außerdem hätten Soziale Medien viel höhere und jugendlichere Reichweiten. Diese Rechnung ging auf – bis zum Mietenskandal. „Oldschool“ berichtete nun groß über das herzlose Adidas. In dem Fall konnte wirklich jeder mitreden und so kam eine redaktionelle Push-Performance ins Spiel. Ein SPD-MdB verbrannte sein Adidas-Shirt. Minister Scheuer schimpfte und Kollege Seehofer tadelte den Konzern. Die Skandalreichweite kam knapp an die 100 Prozent. Für Adidas anscheinend völlig unerwartet. Vielleicht rächte es sich, Verbindungen in die Verlagshäuser gekappt zu haben. Keine Freunde, keine Infos. Besonders hart für Adidas: Ein paar Seiten nach der teuer bezahlten Entschuldigungsanzeige betitelte die FAZ redaktionell den Adidas-Chef Kasper Rorsted als „Buhmann der Nation“.
Shitstorm mit drei Streifen? Adidas auf Facebook
  1. Der CEO und sein Siegeswille
    Kasper Rorsted, der aktuelle Chef der 3 Streifen, gehört zu den erfolgreichsten Managern Europas. Das war bei Compaq so, bei Hewlett-Packard und auch bei Henkel und Adidas. Seit Amtsantritt 2016. präsentierte der Däne eine Adidas-Rekordbilanz nach der anderen. Für 2019: Knapp zwei Milliarden Euro Gewinn. Kasper Rorsted, 58, ist so was wie das Wunschkind des internationalen Kapitalmarkts. Mehr Umsatz, steigender Aktienkurs, schöne Dividenden. Und auch die Zielgruppe huldigt. In aller Welt. So kommen schon mal 10.000 Bewerbungen pro Monat in die High-Tech-Adidas-Zentrale nach Herzogenaurach. Fehler? Können auch ihm passieren, natürlich. Zum Beispiel beim Boston Marathon. Vier Jahre nach dem Bombenanschlag mailte er 2017 als Hauptsponsor jedem der 26.500 Läufer: „Glückwunsch, Du hast den Boston-Marathon überlebt“. Der CEO entschuldigte sich. Wie jetzt, 2020, im Mieten-Skandal. Aber diesmal war´s ein Stotter-Sorry. Erst hieß es, Adidas zahle nix, dann die Shop-Mieten an die Privateigentümer und schließlich Shop-Mieten für alle. In den aktuellen Print-Medien war damit der Fall Adidas erledigt. Nur einmal gab´s kurz ein Aufflackern. Der Sportkonzern überlege 2 bis 3 Milliarden Kredithilfe in Anspruch zu nehmen.

Dagegen tobte im Netz ein Shitstorm ohne Ende. Allein bei Facebook erhält nahezu jede Adidas-Kritik vierstellige Zustimmung. Beispiele vom 7.3.: „Bestellung storniert“ – 1771 Likes; „nie mehr kaufen“ – 1.288 Likes; „das ist Markenvernichtung und lächerlich“ – 2276 Likes.
Auf die Frage, ob nun weitere Aktionen zur Imageverbesserung geplant seien, hieß es aus Herzogenaurach knapp: „Nein.“

Klementine, Schnuppi und Onkel Dittmeier

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Kunststück Werbung – eine solches Thema würde den Medientagen (23.-25.10.) gut stehen. Läuft aber nicht in München, sondern in Mannheim.

Das Mannheimer Technoseum hat sich der Werbung angenommen und eröffnet am 7. November eine große Ausstellung unter dem Titel „Die Sammlung 3: Werben & Verkaufen“.

Titelheld in Mannheim: der schelmische Lurchi von Salamander

Der etwas kryptische Name erklärt sich, weil das Landesmuseum nun zum dritten Mal nur Objekte aus eigenen Beständen und Depots zeigt. Die Vermutung, dass der Titelzusatz „Werben & Verkaufen“ eine kreative Initiative des gleichnamigen Fachverlags in München ist, trifft nicht zu. Richtig ist: Der Verlag Werben & Verkaufen GmbH, der kürzlich etliche Redakteur/innen bis hoch in die Chefetage freisetzte und aktuell über grüne Haare berichtet, hat keine derartigen Auftritte im Sinn, gab aber die Erlaubnis zur Titelnutzung.

Dr. Thomas Kosche: Sammlungsleiter am Mannheimer Technoseum

Die Ausstellung im Mannheimer Technoseum umfasst mehr als 2.500 Objekte aus 100 Jahren Marketingkommunikation. Sie ist Inspiration und gleichzeitig wehmütiger Rückblick auf fast Vergessenes. Mit dabei: Die Goldbären, ein Almauftrieb mit den berühmten lila Milka-Kühen, diverse Zornesabflüge von HB-Männchen Bruno und auch Klementine ist mit von der Partie. Preisfrage: Welches Procter&Gamble-Produkt hat die emsige Klemptner-Lady einst beworben? Richtig: Ariel war´s. Die Spots liefen übrigens bis 1986.

Werbeklassiker und Sammlerobjekt: Emailleschild von Kaffee Hag

„Slogans, Melodien und Figuren aus der Werbung sind heute Bestandteil unseres kulturellen Gedächtnisses“, sagt Sammlungsleiter Dr. Thomas Kosche. Er wolle auf eine einfache, spielerische Art dieses Gedächtnis wieder auffrischen. Die Mannheimer Ausstellung ist nach dem 3-G-Marketingprinzip aufgebaut, das einst Ferdinand Piech für VW etablierte: Die ganze Familie soll angesprochen werden – die Großeltern, die Eltern und deren Kinder.

Blonde Haare, lange Beine: lang her der Werbeauftritt von Bild

Vom Plakat bis zum TV-Spot, vom Kuscheltier bis zum Emailleschild – „Werben & Verkaufen“ zeigt auch, wie kreativ und liebevoll die Marken früher auf sich aufmerksam machten. „Die Leichtigkeit der Werbung ist heute dahin“, sagt Ausstellungs-Chef Kosche. Das Controlling beherrsche die Kreation.


Das war früher anders – als es nur ein paar TV-Programme gab und die Werbung persönlich und sogar kuschelig war. Da gab nicht nur Herrn Kaiser oder Onkel Dittmeyer, sondern auch Lurchi von Salamander, Wum und Wendelin, die Barbie von Bild und die blaue Nivea-Kuschel-Krake.

Nivea hat heute Bundestrainer Joachim Löw als Testimonial

Und wer kennt noch Schnuppi? Das war in den 80er Jahren der gelbe Werbehund von C&A. Er spielt übrigens die Hauptrolle in einer App-gestützten Quiz-Ralley während der Ausstellung. Bis zum Finale am 1. Juni 2020 bietet die Mannheimer Werbe-Show diverse Zusatzevents (Kino- und Kabarettaufführungen, Vorträge). Also, auf geht´s nach Mannheim…

“Werben & Verkaufen” im Mannheimer Technoseum läuft bis zum 1.Juni 2020

600 Millionen Tonnen Medien-Müll

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Sie ist renommiert, die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS). Und so glaubten viele an den 600 Millionen Tonnen Müllberg am Everest.

Die FAS: Große Auflage, kleine Korrektur

München – Die einen haben Angst, die anderen wollen´s nicht glauben und den dritten ist´s irgendwie egal. Es geht um den Klimawandel und seine Folgen. Fest steht: 47 Jahre nach der schockierende Studie des Club of Rome („Ende des Wachstums“, 1972) und den daraus resultierenden Fahrverboten hat eine Angst- und Sorgenkampagne Deutschland fest im Griff.

Die Informationen liefern die Medien. Zum Teil sind es ja wirklich schreckliche Bilder. Da ertrinken Schildkröten im Meer und in herrenlosen Fischernetzen. Die Fische sterben am Mikroplastik. Die Kühe produzieren Giftgas. Nur die Bienen sind momentan raus aus dem aktuellen Natur-Report. Wahrscheinlich schaffen sie´s.

Die Bild-Schlagzeile zu den Bränden am Amazonas

Aber: Was ist mit den Heuschrecken, dem Kiebitz oder der Vipera walser? Die „Alpen-Viper“ wurde ja erst vor ein paar Jahren entdeckt und ist schon wieder vom Aussterben bedroht. Der Story-Nachschub für die Redaktionen ist nahezu unermesslich. Dazu kommt die mediale Deutungshoheit. „Hier erstickt unsere Erde“, titelte zum Beispiel die Bild. Zwei Wochen später atmeten die Leser erleichtert auf: „Noch nicht. Gottseidank.“

Aschau im Chiemgau: Vorbild für alle Gemeinden in den Alpen

Im oberbayerischen Aschau macht sich übrigens ein Gefühl der natürlichen Freude und Zuversicht breit. Die Gemeinde im Chiemgau wurde zum „Modellort für den ganzen Alpenraum“ gekürt. Vorbildliches Wasser-, Energie-, Abfall- und Naturmanagement. Sorry, aber keine bad news. Die Aschau-Nachricht fand keinen Platz bei Tagesschau & Co.

Wir kommen nun zum Wald und zum Mount Everest – und landen deshalb im Frankfurter Zeitungsmarkt. Die dort produzierte renommierte Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) ist mit einer Auflage von 227.500 Exemplaren nicht so groß wie die Süddeutsche Zeitung (SZ, 337.700 Auflage). Aber mit ihrem Ableger, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung  (FAS), ist sie exklusiv in diesem Duell und erfolgreich (236.593 Auflage).

Umwelt-Vorbild Aschau: Sauberes Wasser, klare Luft

Wie sich´s gehört, reportiert die FAS immer wieder über aktuelle Umweltthemen. Da sind gut recherchierte Stücke im Angebot („Das Team Greta“), ebenso knackige Kommentare. Beispiel: „Der Wald brennt auch unseretwegen“. Es ging um das Feuerchaos im Brasilianischen Amazonasgebiet. „Wir werden immer reicher – und Brasilien spendiert die gute Luft? Die Zeiten sind vorbei. Wenn wir Erdgas kaufen können, dann auch Sauerstoff“, hieß es da im Kommentar.

Greta Thunberg wurde erwähnt, Raucherlungen, Feuer, Wasser, Chaos – und dazu kam der höchste Berg der Welt ins Spiel, der Mount Everest (8.848 m). Auch er sei verschmutzt. Müll, Müll, Müll. Da hätten sich am Berg mittlerweile 600 Millionen Tonnen Müll angesammelt….

Wie bitte? 600 Millionen Tonnen? So viel? Man denkt unwillkürlich an den oft strapazierten Redakteurs-Rechenbeispiel-Güterzug, der mutmaßlich von Berlin bis New York und wieder zurück reicht. Oder an die gestapelten Müll-Container, die irgendwie noch vom Mond aus zu sehen sind. Ein Müllberg, höher als der Everest mit dem Eifelturm obendrauf?

Tja, alles falsch. Der FAS-Kommentar irrt. Am Everest liegen keine 600 Millionen Tonnen Müll. Und die Frage muss gestattet sein, ob hier nicht ein bisschen der Wunsch der Vater der Müll-Diagnostik gewesen ist (Flugscham, Luxustouris,  etc.).

Wie richtig müssen Zahlen sein, die schwarz auf weiß daherkommen? Gerade in einem Themenbereich, der  immer stärker polarisiert? Konnte sich kein verantwortlicher Redakteur der FAS mal Gedanken machen über ein Irrsinnsgewicht von 600 Millionen Tonnen.

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hat sich in ihrer Ausgabe vom 1. September 2019 korrigiert. Das ist zu loben. Es seinen nicht 600 Millionen Tonnen Müll am Everest, sondern 600 Tonnen. War halt ein Wort zu viel im „Waldbrand-Kommentar“. Und die 600 Tonnen? Stimmen die? Wer hat gerechnet? Oder wer hat´s erfunden? Oder sind´s vielleicht 60 oder 6…..?

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