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Philipp Welte

Münchner G´schicht´n aus Berlin

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300 Verlegerinnen, Vorstände, GFs und Printmanager in bester Laune: Zum Berliner Kongress des Medienverbandes der freien Press (MVFP) wurde groß gefeiert. Direkt an der Spree, open air, in der Edel-Location Spindler & Klatt. Spannende Recherche beim Berliner Verleger-Happening: Wie viel München war eigentlich da?

Schwer in action, fast immer erreichbar: MVFP-Oberchef Philipp Welte

Chef der Münchner Delegation: Philipp Welte. Er ist der Boss der Bosse, Vorstandsvorsitzender des MVFP und Vorstand von Hubert Burda Media. Der Münchner Medien-Manager steht mit seinem MVFP (hieß vor einem Jahr noch VDZ) für einen Zeitschriften-Jahresumsatz von 19,3 Mrd. Euro. In seiner Keynote votierte Welte für den journalistischen Einsatz von KI „im Rahmen ethischer und rechtlicher Spielregeln“ sowie dabei für den Schutz der Urheber und der unternehmerischen Freiheit der Verlage.

Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo (r.) mit MVFP-Gastgeber Stephan Scherzer

Giovanni di Lorenzo war Stargast auf der Kongressbühne. Er mag diesen Begriff nicht so, neigt zur Bescheidenheit. Nur: Als Chefredakteur der Zeit ist er der Dirigent eines Print-Bestsellers. Er arbeitet in Hamburg, macht Talkshows für den NDR, hat aber seine journalistischen Wurzeln in München. Giovanni di Lorenzo studierte an der LMU, moderierte den BR-Klassiker „Live aus dem Alabama und schrieb für die SZ (hätte aber auch gut zur alten AZ gepasst, siehe rechts „Zum 75. AZ-Geburtstag…)

Die Zeit – keiner macht mehr Auflagen-Plus

Keiner macht schon so lang so regelmäßig mehr Auflage im Printbusiness (aktuell 610.983) wie die Zeit und ihr Chefredakteur Giovanni di Lorenzo. Sein Erfolgsgeheimnis: „Bei uns wird es nie ein Online only geben.“ Das Printprodukt stehe im Vordergrund, ohne Online zu vernachlässigen. An oberster Stelle: Qualitätsjournalismus, Kreativität und Originalität. Und: „Newsletter, Events, Leserparlamente und Podcasts – wir kümmern uns um die Leser der Zeit.“

Erfolgreich und lässig: Sebastian Turner, Ex-Scholz & Friends, Ex-Tagesspiegel, aktuell Table Media

Aber können die Leser auch die Zeit machen? Diese Frage wollte der Verlag klären. Di Lorenzo berichtete von einem Beraterstab aus 400 Lesern. Sie bestimmten die Titelstory der Wochenzeitung. Für ein paar Ausgaben. Ergebnis: „Wir haben am Kiosk ein Desaster erlebt.“ Versuch eingestellt.

Print gewinnt: Hauptsponsor Sixt verteilte eigene MVFP-Zeitung, mit besonderen Rabattangeboten

Groß und plakativ präsentierte sich beim MVFP-Kongress der Münchner Autoverleiher Sixt. Er war Hauptsponsor, stellte den Shuttle-Service und hatte sogar eine Print-Sonderausgabe produziert („freie Fahrt für freie Presse“). Großes hatten auch die Kreativen von Phillip Morris vor. Die Münchner Tabakspezialisten belegten ein größeres Sponsorenpaket, kamen aber irgendwie nicht in Berlin an. So blieb die Markenpräsenz auf Menü- und Programmkarten beschränkt.

Hier serviert der Chef persönlich: GF Florian Löhlein von Mampe

Dafür sorgte eine der Lieblingsmarken von David Bowie für Aufsehen beim MVFP: der Berliner Spirituosen-Hersteller und Sponsor Mampe. Unter tätiger Mithilfe von Geschäftsführer Florian Löhlein ging in der Mediennacht ein Großkontingent von Mampes Gin „null, null“ ans Partyvolk. Jetzt will Mampe auch die Bayern begeistern.

Denn was Bowie im Film („Schöner Gigolo, armer Gigolo“) genüsslich gurgelt, das sollte auch in der neuen Partyhauptstadt München (520.000 Zuschauer beim CSD) ankommen…

Spiegel online gibt´s nicht mehr – und trotzdem läuft´s

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Beim VDZ-Summit berichtete Spiegel-Chef Stefan Ottlitz über die neuen Strategien einer Online-Erfolgsstory.

Denn was viele gar nicht recht mitbekommen haben: Spiegel Online gibt´s als Marke nicht mehr. Ohne großen Trommelwirbel verschwand der Begriff „Online“. Das Portal heißt nun ganz einfach „der Spiegel“, so wie das Printmagazin. „Was mich gewundert hat“, so Stefan Ottlitz, Geschäftsführer der Spiegel Gruppe, „niemand hat gefragt, warum aus Spiegel Online plötzlich der Spiegel wurde.“ Für den Verlagsmanager ein klares Zeichen für die Stärke seiner Marke. Egal was drübersteht.

Stefan Ottlitz: Gelernter Journalist und seit Sommer in der Spiegel-Geschäftsführung

Beim digitalen Summit des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) stellte Ottlitz die neue Online-Strategie des Spiegel vor. Dreh- und Angelpunkt sei das Selbstbewusstsein der Marke: „Wir stehen für Qualität und Qualität hat ihren Preis.“ Wer oder was nicht auf die Marke Spiegel einzahle, sei überflüssig. Deshalb auch die Einstellung des Jugendformats „Bento“. Der Hamburger Verlag will nun mit „Spiegel Start“ die Zielgruppe 18 – 30  markenkonform ansprechen.

Guck mal: Der Spiegel im Netz hat Online gestrichen

Auf den ersten Blick sprechen die Zahlen nicht unbedingt für die neue Online-Strategie. So rutschte das Spiegel-Portal im April im Klick- und Reichweitenvergleich auf Platz 5. Nach bild.de, t-online, n-tv und Focus. Aber Ottlitz hält nichts von einer Klick-Ralley: „Für uns steht Erlösoptimierung vor Auflagenoptimierung.“ Wichtiger sei die Lesedauer pro Text. Noch wichtiger: Die hohe Akzeptanz der Premiumpreise. Es gehe um Qualitätsjournalismus, der sehr wohl honoriert werde. Ottlitz: „Ich halte nichts von Gratisangeboten. Bei uns haben die Leser für Qualität ihr monetäres Votum durch Abos abgeben.“

Und noch ein Punkt aus der Ottlitz-Online-Strategie: „Print bitte nicht abschreiben.“ Print und Online seien keine Gegner, sondern Verbündete. Zusammen stehe man für Premium.

VDZ-Vize Philipp Welte: „Wir sind ein Bollwerk gegen die Lüge.“

Auch Burda-Vorstand und VDZ-Vize Philipp Welte sieht im Qualitätsjournalismus ein Wachstumspotential für die Zukunft. Denn: „Die Wahrheit verliert dramatisch an Bedeutung. Wir sind ein Bollwerk gegen die Lüge.“ Aber von Presse-Subventionen will Welte nichts wissen: „Unsere freie Presse ist frei und kein Spielball von irgendwelchen Interessen.“ Über Produktqualität und damit über Auflage entscheide einzig und allein der Konsument: „Das ist der natürliche Maßstab.“

Das große Problem der Verlage sei allerdings die Zustellung – und damit die Portokosten. Das Staatsunternehmen Post behandle, so Welte, den Journalismus durch Portoerhöhungen restriktiv. Diese Entwicklung müsse gestoppt werden und deshalb der Dialog mit Konzern und Regierung intensiv fortgeführt werden.

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